Mittwoch, 4. März 2015

PAP´s

Mein morgiger Ausflug nach Kassel zu einem Buchhändlerseminar des Beck Verlages hat mich mittlerweile bereits einen kleinen Fingernagel gekostet. 
Ein Laster, das ich kurz nach der Matura aufgegeben hatte und welches eigentlich nur vor größeren Auftritten wieder auftrat. 

Das Seminar selbst, eventuell aus der Zuhörerschaft zum Sprecherpodium geholt zu werden, das macht mir alles nichts aus (nun gut, vielleicht die Pause, ich kann keinen Smalltalk). Was mir wirklich zu schaffen macht, ist die Zugfahrt. 
Das Zusammengepferchtsein auf engstem Raum mit sozialambitionierten Menschen. Leuten, die sich mit einem unterhalten wollen. Und keine Fluchtmöglichkeit, ausser der Toilette!

Schon beim Ticketkauf habe ich also Vorbereitungen getroffen, um dem zu entgehen. Einzelplatz reserviert, Laptop abgestaubt, Buch ausgesucht, Kopfhörer bereit gelegt, um so tun zu können, als würde ich Musik hören. Menschliche Kontakte müssten so, ausser mit dem Schaffner, in Schach gehalten werden können.

Wie schon erwähnt, kann ich keinen Smalltalk. Es gelingt mir nicht. Meistens interessiert mich das Gesagte nicht und obwohl mein Gesicht auszudrücken scheint, ja, erzähl mir doch noch mehr, wie wäre es mit deiner gesamten Lebensgeschichte, herrscht in meinem Kopf lautes Tosen oder wahlweise der Ton der Nulllinie von einem EKG. 
Aus irgendeinem Grund ist es aber so, dass besonders bei Zugfahrten Mitreisende ein enormes Mitteilungsbedürfnis entwickeln. Meine einzige positive Erfahrung diesbezüglich ist schon Jahre alt. Da teilte ich ein Abteil mit einer polnischen Großfamilie, die mich auf der Fahrt von Wien nach Klagenfurt mit Keksen, Getränken vollstopften und bei denen Stories über kuriose Verwandte tatsächlich lustig waren. Aber das blieb die Ausnahme. 

Meine beständige Furcht in ein Gespräch verwickelt zu werden ist also groß, am meisten fürchte ich mich aber vor der Sorte Fahrgast, die alles checken, alles wissen, alles minutiös geplant haben, die keine Cola, sondern Wasser trinken, ihre mitreisenden Freunde mit Informationen über das Fahrtziel füttern, dem Zugpersonal unnötige Fragen stellen, jede Aktivität im Abteil auf sich ziehen müssen, weil sie die Aufmerksamkeit brauchen und schlicht einfach nicht aufhören zu quatschen und mir auf den Geist gehen. 

Strafe ich solche Menschen mit bösen Blicken, starren die einfach zurück!

Insgeheim nenne ich sie PAP´s. Passiv aggressive Passagiere (wahlweise auch Piefke, der Menschenschlag ist mir bislang nur in Deutschland begegnet).

Um mich vollends auf den morgigen einzustimmen, schau ich mir jetzt "Arsen und Spitzenhäubchen" an und präpariere eine Getränkeflasche mit einem Etikett: Hollunderwein

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